Braucht es einen “Chief Digital Officer”, um die Wandlung zum digitalen Unternehmen zu bewältigen? Was trägt die Personalentwicklung zum Wandel bei? Und was hat das mit dem Alter der Beschäftigten zu tun?
Ich muss heute noch schmunzeln, wenn ich an die ersten Versuche denke – damals hieß es: Wir verwandeln uns in ein “eCommerce-Unternehmen”. Gibt es den Begriff eCommerce überhaupt noch? Also wurden alle Bereiche aufgefordert sich zu überlegen, wie man denn zu diesem Wandel beitragen wollte. Mehr noch: Wir sollten Geschäftsmodelle für den eCommerce entwickeln.
Da saßen wir nun zusammen und überlegten, wie man denn als Personalabteilung Geld im Internet verdienen kann. Oder zumindest dem Unternehmen Geld einsparen hilft, wenn man Prozesse ins Internet verlagert. Mit am Tisch neben den üblichen Beratern auch altgediente Personaler, die zum Teil ihren Mitarbeitern die E-Mails diktierten oder E-Mails ausdrucken ließen, um sie abzuheften.
Ein Generationenproblem, das längst überwunden ist? Offenbar nicht, glaubt man der Umfrage unter den besten Nachwuchskräften (Vordenker), die die Boston Consulting Group regelmäßig veranstaltet (Von digitaler Denke und Old Economy). Hier ist von Missverständnissen, Angst vor “Rückwärtsorientierung der älteren Generation” und mangelnder Veränderungsbereitschaft die Rede. Interessanter Satz: Die jungen Leute befürchten, dass “Personen über die Zukunft entscheiden, die die Zukunft nicht mehr miterleben”. War das jemals anders? Wie alt ist noch mal der neugewählte Präsident der USA?
Aber was ist die Alternative? Angesichts des demografischen Wandels können Unternehmen gar nicht anders als Jung und Alt so gut es geht miteinander arbeiten zu lassen. Ob man für den Wandel des Geschäfts wirklich einen Chief Digital Officer (CDO) einsetzen muss, zumindest solange, bis alle Führungskräfte zu “digitalen Führungskräften” transformiert sind (Chief Digital Officer), lass ich mal offen.
Der Beitrag der Personalentwicklung
Beim Axel Springer Konzern hat man diesen Wandel wohl sehr erfolgreich hinbekommen. Die Personalentwicklerin erklärt, was man alles dafür unternommen hat (Und mehr Spaß macht es auch). Das klingt schon beeindruckend: Nicht nur, dass der Vorstand in der Economy Class ins Silicon Valley geflogen ist und voller Demut der jüngeren Generation gelauscht hat, die die Welt umkrempelt. Man hat ein “Silicon-Valley-Fellowship-Programm ins Leben gerufen, das jedem Mitarbeiter ermöglicht, einen Arbeits- und Lernaufenthalt im Silicon Valley umzusetzen.” Dort können sie ein bis drei Monate in eine WG einziehen und sich mit Forschungsthemen beschäftigen. Wow!
Ansonsten sind das die Maßnahmen, mit denen die Personalentwickler die Mitarbeiter fit machen:
- Kollegen statt Experten vermitteln das neue Wissen.
- Austausch statt Vortrag – man vernetzt sich und arbeitet zusammen, statt in Seminarräumen zu hocken
- Experten statt Vorgesetzte – nicht die Chefs stehen auf der Bühne, sondern die Menschen, die Ahnung von der Materie haben
Das hat alles jetzt nicht viel mit Digitalisierung zu tun, wohl aber der nächste Punkt:
- Modernität statt Moderationskarten-Ambiente. “Nanu”, denke ich da und fühle mich ertappt. Ich nutze doch tatsächlich noch Flipcharts und hin und wieder Moderationskarten. Wie heißen die Alternativen? Twitterwall, Videostreaming, elektronische Feedback-Tools.
Da haben wir es: Es gibt den Generationen-Konflikt, den die “Vordenker” fürchten. Bei Springer sorgt man konsequent dafür, dass alles auf digital getrimmt wird. Keine Frage, auch die Welt der Personalentwicklung ändert sich. Ich stelle mir jetzt vor, wie Mitarbeiter in einem Besprechungsraum sitzen oder sogar verteilt über die ganze Welt, zig andere Mitarbeiter sind per Videostreaming dazugeschaltet und klinken sich per Kurznachrichten (Twitterwall) und elektronischer Abstimmung in die Diskussion ein.
Faszinierend? Sicher. Die Zukunft? Wahrscheinlich. Konsequent? Auch das. Ich bin gespannt, ob das Flipchart eines Tages tatsächlich aufhört zu existieren…